Im Gespräch mit Pfarrer Dörre
„Wie kann es uns gelingen, wieder mehr Gläubige in die Kirchen zu bringen?“ Zu diesem umfangreichen Thema lud Rosie Eichele, Vorstandsmitglied der Kolpingsfamilie Gersthofen, am 18. Juli 2023 ins Wirtshaus am Sportplatz ein. „Das ist ein großes Paket, zu dem ich kein Rezept zur Lösung habe“, startete Pfarrer Markus Dörre, Leiter der Pfarreiengemeinschaft Gersthofen, vor den aufmerksam zuhörenden Mitgliedern. Mit seinen Gedankenstützen will er Gespräche anregen. Früher seien die Menschen oft mit „Zwang“ in die Kirche gegangen. Montags besprach man im Unterricht die Predigt. Heute gingen weniger Menschen ohne „Zwang“ zum Gottesdienst. Skandale verspielten zudem die Glaubwürdigkeit der Kirche.
Viele Veränderungen und das Anspruchsdenken in der Gesellschaft lassen Menschen nicht mehr selbstverständlich, sondern situationsbezogen an Gottesdiensten, z. B. bei Familien-Gottesdiensten, teilhaben. „Sind die Rahmenbedingungen, ist die Sprache noch passend?“, fragte Pfarrer Dörre in die Runde und fuhr fort: „Die Sprache der Kirche spricht heute kaum jemand.“ Die Zeiteinteilung der Menschen in der Freizeit änderte sich ebenfalls. Junge Menschen leben heute ganz anders als frühere Generationen.
Dörre betonte: „Die Selbstverständlichkeit, den Glauben an Kinder weiterzugeben, ist heute nicht mehr gegeben. In den Familien ist nicht mehr verankert, wie wir Kirche und Glauben kannten.“ Dörre ist der Meinung: „Bevor wir die Menschen wieder in die Kirchen bringen, muss das Vertrauen in die Kirche zurückgewonnen werden.“
Rosie Eichele berichtet von einem TV-Beitrag, dass in Frankreich diskutiert wird, Mitarbeitenden der Kirche einen Ausweis mit Einträgen bei Verfehlungen und Straftaten zu geben. Die Ausgabe soll über die Bischöfe erfolgen. Pfarrer Dörre glaubt nicht, dass dies funktionieren kann. Eine Teilnehmende, die in der Altenpflege arbeitet, berichtete, dass sie bei jedem Wechsel in ein anderes Heim ein Führungszeugnis vorlegen muss. Gemäß Pfarrer Dörre gilt dies auch für kirchliche Mitarbeitende. Sie müssen alle fünf Jahre eine Präventionsschulung besuchen und ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Die katholische Kirche solle auf den Zölibat verzichten, meinte ein Kolping-Mitglied. Der Pfarrer erwiderte, dass es auch bei der evangelischen Kirche, obwohl es keinen Zölibat gibt, Probleme und Austritte gibt. „Personen, die Missbrauch verübten, gehören bestraft und nicht versetzt“, sagte Dörre.
Vor Ort gibt es derzeit offene Angebote in verschiedenen Fassungen wie „Zeit.Raum“, „Ökumenisches Friedensgebet“, Schnitzeljagd zu Feiertagen oder Kinder-Gottesdienste. Für Pfarrer Dörre ist es wichtig, dass Angebote nicht mehr nur die ansprechen sollen, die sowieso schon da sind, sondern es sollen auch Kontakte mit anderen ermöglicht werden. Neu ist geplant: „Pfarrei plus“ wie z., B. in Hochzoll.
Veränderungen gibt es auch bei der Beichte. Nicht mehr nur im Beichtstuhl sondern zum Beispiel auch im persönlichen Gespräch in freier Natur ist der Empfang des Sakramentes möglich.
Heinz Schaaf, Vorsitzender der Kolpingsfamilie Gersthofen, wünscht sich ein Bündeln der Kräfte nicht nur mit der Kolpingsfamilie, sondern mit anderen Vereinen. Ab Herbst soll ein „Vernetzungs-Stammtisch“ eingeführt werden, informierte Pfarrer Dörre.
Die Frage von Rosie Eichele, ob es eine Messfeier an der Kolping Kapelle geben könnte, bejaht Pfarrer Dörre und sagt, dass auch an anderen Orten eine Feier möglich wäre. Eine anwesende Nacht-Krankenschwester bat um mehr Angebote im Internet (z.B. mit webcam beim Gottesdienst). Dörre entgegnete: „Während Corona gab es solche Angebote. Sie sind wieder eingeschlafen. Kirche lebt von der Gemeinschaft, vor Ort. Für soziale Medien braucht es geschultes Personal, das sich auskennt und die Angebote laufend pflegt. Das wäre schwierig zu finden.“ Bei Kaffee und Kuchen sprachen die Kolpingmitglieder noch einige Zeit über die spannenden Themen weiter.