Ist Kolping bereit für das Ehrenamt 4.0?
Marion E. Martin, Diözesanreferentin des Kolpingwerkes im Erzbistum München und Freising, nahm die rund 70 Teilnehmenden der Verantwortlichenkonferenz am 15. Januar 2025 mit auf eine Zeitreise zum Thema Ehrenamt. In ihrem Referat im Kolpinghaus in Buchloe zum Thema „Arbeitswelt 4.0, aber Ehrenamt 1.0?“ stellte sie den Verantwortungsträger*innen aus den Kolpingsfamilien im Bistum Augsburg die Entwicklung des ehrenamtlichen Engagements seit dem 19. Jahrhundert vor und konfrontierte sie mit der Frage, ob Kolping für das Ehrenamt 4.0 bereit ist.
Zeitreise Ehrenamt
Das „klassische Ehrenamt“ sei Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden. Männer engagierten sich vor allem in der kommunalen Selbstverwaltung, Frauen brachten sich mehr in den freien Wohlfahrtsorganisationen ein. Das „Ehrenamt 1.0“ war meist ein langfristiges Engagement und brachte eine hohe Identifikation mit der Organisation, in der man sich engagiert, mit sich.
Das „Ehrenamt 2.0“ oder auch das „neue Ehrenamt“ bzw. „freiwillige Engagement“ entwickelte sich ab 1985 und wird vor allem mit Projekten identifiziert. Für dieses kurzfristigere und flexiblere Engagement hatte Marion Martin Bilder von Müllsammel- bzw. Baumpflanzaktionen in ihrer Präsentation.
Ab Mitte der 1990er Jahre sei dann das Ehrenamt 3 .0 aufgekommen. Unter dem Schlagwort „bürgerschaftliches Engagement“ seien unterschiedliche Formen der Bürgerbeteiligung, Bürgerinitiativen, Bürgerbewegungen oder auch von Quartiersarbeit versammelt.
Spannungsreiche Vielfalt
Im „Ehrenamt 4.0“ seien alle Vorläuferformen existent. Martin sprach deshalb von einem „Engagement spannungsreicher Vielfalt“. In mehreren Wortbeiträgen der Teilnehmenden wurde auf die Herausforderung und Schwierigkeiten der Gleichzeitigkeit der Engagementsformen eingegangen. Auf Grundlage des fünften deutschen Freiwilligensurvey 2019 (repräsentative telefonische Befragung zum freiwilligen Engagement von ca. 28.000 Personen ab 14 Jahren in Deutschland) konnte die Referentin berichten, dass die Zahl der Personen, die sich ehrenamtlich engagieren, konstant bei ca. 40 % der Bevölkerung sei. Auch wenn sich in den vergangenen Jahren die Geschlechterverteilung angeglichen habe, so gäbe es Verschiebungen weg vom klassischen Ehrenamt hin zu den neueren Formen. Mit dem Freiwilligensurvey konnte sie auch die häufig auftretende Behauptung, junge Menschen würden sich nicht oder weniger engagieren, entkräften. Neben dem Motiv „Gesellschaft mitzugestalten“ waren seien es heute vor allem „Spaß und Gemeinschaft“, „Persönliche Qualifizierung und Weiterbildung“ bzw. „Engagement in (zeitlich befristeten) Projekten“, die für eine Mehrheit von Personen leitend seien.
Sebastian Hornig, Vorsitzender der Kolpingsfamilie Bobingen, beantwortete die Frage, ob Kolping bereits sei für das Ehrenamt 4.0 mit „Ja“. Marion Martin zitierte in ihrem Vortrag passend dazu Adolph Kolping: „In der Gegenwart muss unser Wirken die Zukunft im Auge behalten.“
Mittlere Ebene weiterentwickeln
Diözesanvorsitzender Robert Hitzelberger und Diözesanvorstandsmitglied Herbert Hiemer berichteten über den durch die Diözesanversammlung 2023 angestoßenen Strukturprozess. Nachdem sich der Diözesanvorstand bisher vor allem mit der Weiterentwicklung des Diözesanvorstandes beschäftigt habe, sei jetzt die „Mittlere Eben“ an der Reihe. Um für die zurzeit in der Form von 11 Bezirken ausgeprägte Ebene Perspektiven zu finden, hat eine Arbeitsgruppe einen online Fragebogen mit 25 Fragen zur Zufriedenheit und den Erwartungen an die Mittlere Ebene, zu Visionen für die Zukunft, zum Austausch mit dem Diözesanverband und zur Person der antwortenden Person erstellt. Bis zum 18. April können sich alle Interessierten an der Forms-Umfrage beteiligen.
Kolping trägt Demokratie
Nicht nur beim Gruppenfoto mit Buchstaben des Wortes Demokratie, sondern auch durch Veranstaltungen vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 trägt Kolping das politische System in Deutschland mit. Franz Nusser, zuständiges Diözesanvorstandsmitglied, informierte die Teilnehmenden über die Änderungen im Wahlrecht, über die Positionen des Kolpingwerkes und über geplante Veranstaltungen und Aktionen. „Bitte fordert eure Mitmenschen auf, zum Wählen zu gehen!“, sagt Nusser. „Sprecht Menschen in eurer Umgebung an, helft mit, unsere Werte >Frieden<, >Freiheit< und >Demokratie< zu verteidigen“, ruft Nusser den ehrenamtlich Engagierten zu.
Bereits 150 Personen für Jubiläumsveranstaltung in Köln angemeldet
Ulrike Marcher, die sich bei der Diözesanversammlung am 17. Mai 2025 als stellvertretende Diözesanvorsitzende zur Wahl stellt, konnte berichten, dass zur Jubiläumsveranstaltung 175 Jahre Verband vom (1. bzw.) 2. bis 4. Mai 2025 in Köln aus der Diözese Augsburg bereits 150 Personen angemeldet sind. In den von ihr vorgestellten Zahlen nach Reisegruppen bzw. nach Bezirken seien teilnehmende Mitarbeitende aus der Kolping Akademie noch nicht enthalten. Für alle Augsburger sei ein Mittagessen im Früh am Samstag geplant. Weitere Anmeldungen seien noch möglich, da auch der Frühbucherrabatt bis zum 28. Februar verlängert sei.
Institutionelles Schutzkonzept
Dass sexueller Missbrauch immer noch ein Thema sei, zeigt allein ein Blick auf die Berichte von katholisch.de in der vergangenen Woche, berichtete Diözesanvorstandsmitglied Thomas Ermisch. Daher sei es wichtig, dass alle Kolpingsfamilien ein institutionelles Schutzkonzept erarbeiten. Eine Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt, bietet am Montag, 24. Februar 2025, 18:30 Uhr einen digitalen Infoabend rund um das Thema „Institutionelles Schutzkonzept“ an.
Partnerschaft mit Kolping in Ungarn
Zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Kolping - eine Kraft die Brücken baut“ mit Dr. Péter Györkös, dem ungarischen Botschafter in der Bundesrepublik, und Kolping-Generalpräses Christoph Huber am Freitag, 4. April 2025 in Augsburg lud Erwin Fath ein. Der Zuständige für die Partnerschaft mit Kolping in Ungarn wies auch auf das alle fünf Jahre stattfindende Partnerschaftstreffen der ungarischen und deutschen Kolpingsfamilien vom 24. bis 26. Oktober 2025 in Dillingen hin. Fath freute sich auch, dass das Kolping Hotel Spa & Family Resort in Alsópáhok (Ungarn) Kolpingmitgliedern aus der Diözese Augsburg in diesem Jahr einen Sonderrabatt gewährt.
Inspirierend und schön
Mit den Worten „Es war inspirierend und schön, da zu sein“ bedankte sich Verbändereferent Domvikar Dominik Zitzler in einem kurzen Grußwort, dass er bei der Konferenz dabei sein konnte. Er hat die Inhalte als persönliche Fortbildung empfunden. „Es geht darum, dass wir unsere Verbände für die Zukunft fit aufstellen“, sagte er. Zitzler dankte auch für das Engagement des Kolpingwerkes zum Thema Demokratie. Kolping sei Treiber und Ermöglicher von Veranstaltungen zur Bundestagswahl. In diesem Zusammenhang wies er auch auf die ökumenische Initiative „Für alle. Mit Herz und Verstand.“ hin.
Unterbrechung Mitgliedergewinnung
Kolping-Diözesanpräses Wolfgang Kretschmer hatte für die Konferenz zusammen mit den beiden Diözesanvorstandsmitgliedern Jakob Kehrle und Herbert Hiemer drei „Unterbrechungen“ mit jeweils einer kurzen gespielten Szene und einem Austausch zwischen den Teilnehmenden zum Thema Gewinnung neuer Kolpingmitglieder vorbereitet.
Jesu Leitbild ist Kolping Leitbild
Bei der Messfeier in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Buchloe stellte Kolping-Diözesanpräses Wolfgang Kretschmer an einigen Beispielen dar, dass das Leitbild Jesu auch das Leitbild von Kolping sei. Im Evangelium war berichtet worden, dass Jesus in der Synagoge von Nazareth aus dem Buch Jesaja vorgelesen die Worte „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe“, vorgelesen und auf sich selbst bezogen hatte. Der Buchloer Kolping-Chor „Chorisma“ gestaltete mit der Kolpingmesse „für Menschen wie dich“ den Gottesdienst mit.
Buchloe spitze Gastgeber
Diözesanvorsitzender Robert Hitzelberger dankte Reinhard Sesar vom Leitungsteam der Kolpingsfamilie Buchloe stellvertretend für alle Engagierten aus der Kolpingsfamilie, die die Tagung möglich gemacht haben. Die Gäste waren mit Mittagessen, Zwischenverpflegung und Getränken bestens verwöhnt worden.